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"Wenn Schalke anruft, nehm' ich den nächsten Flieger"

Alexander Baumjohann über sein Ende bei Sydney FC, seine Pläne und seine Ex-Klubs

"Wenn Schalke anruft, nehm' ich den nächsten Flieger"

Alexander Baumjohann spielte zuletzt in Australien - jetzt ist er vertragslos.

Alexander Baumjohann spielte zuletzt in Australien - jetzt ist er vertragslos. Getty Images

Alexander Baumjohann muss sich im Moment warm anziehen. In Australien ist Winter, neulich hatte es morgens in Sydney zwei Grad. Der frühere Bundesliga-Profi (Schalke, Gladbach, Bayern, Kaiserslautern, Hertha) hält sich aktuell privat fit. In den nächsten Wochen will der Spielmacher seine Zukunft klären. Im kicker spricht er über seine Zeit in Australien, die Zukunft der A-League, Schalke, Hertha und die Karriere nach der Karriere.

Sie sind seit 1. Juli vertragslos, und der Transfermarkt ist in Corona-Zeiten deutlich schwieriger als früher. Sind Sie schon nervös, Herr Baumjohann?

Nein. So lange Lionel Messi noch nirgendwo unterschrieben hat, bleibe ich ruhig (lacht). Im Ernst: Der Markt ist tatsächlich kaum in Bewegung. Aber zur Nervosität besteht kein Grund. Ich bin sicher, dass es für mich weitergeht.

Warum ist es nach zwei Jahren bei Sydney FC für Sie nicht weitergegangen?

Der TV-Vertrag der A-League mit Fox Sports ist ausgelaufen, Paramount Plus hat die Rechte erworben. Die Klubs kassieren weniger Geld, der Salary Cap wurde reduziert: von 3,5 Millionen australische Dollar auf 2,5 Millionen. Zwei Spieler dürfen außerhalb des Salary Caps liegen, aber alle Klubs müssen den Gürtel enger schnallen.

Was bedeutet das für den australischen Fußball?

Das ist ein Rückschlag für die A-League, ganz klar. Der Traum, irgendwann auf dem Niveau der nordamerikanischen MLS zu sein, wird die nächsten Jahre nicht in Erfüllung gehen. Das wird noch dauern. Man sieht es im Quervergleich in der asiatischen Champions League: Bei einigen chinesischen Klubs verdient ein ausländischer Top-Spieler das Fünf- bis Zehnfache dessen, was in Australien ein Team als Gesamtbudget hat. Auch deshalb haben es australische Klubs in der asiatischen Champions League so schwer.

Was bleibt nach drei Jahren in Sydney?

Es war eine sensationelle Erfahrung. Die Lebensqualität hier ist herausragend, ich will mit meiner Frau und meinen beiden Töchtern nach der Profi-Karriere in Sydney leben. Die Buschbrände zwischen Sommer 2019 und März 2020 waren eine Extrem-Erfahrung, Corona genauso. Aber wir sind froh, zur Zeit der Pandemie in Australien zu sein. Auf meiner vorherigen Station in Brasilien (Baumjohann spielte 2017/18 für Coritiba FC und EC Vitoria, d. Red.) hätte uns die Pandemie ganz sicher deutlich härter getroffen.

Und was bleibt sportlich?

Das erste Jahr bei den Western Sydney Wanderers war perfekt, um hier reinzufinden. Und der spontane Wechsel zu Sydney FC 2019 war ein Glücksfall für mich. Die Meisterschaft 2020 steht über allem. Ich war bis auf ein Spiel, in dem ich rotgesperrt war, immer dabei. Und vielleicht geht es für mich in der A-League weiter, einige Klubs haben angefragt.

Sie haben schon vor Jahren innerhalb des asiatisch-pazifischen Raums mit einem Wechsel nach Japan oder China geliebäugelt, um in der asiatischen Champions League mal vorn mitzuspielen. Ist das noch ein Ziel?

Durch die Pandemie ist es aktuell schwierig, für beide Länder Visa zu bekommen. Aber grundsätzlich bleiben die beiden Ligen ein Thema für mich.

Viele Profis in Ihrem Alter setzen sich zur Ruhe. Was treibt Sie noch an?

Ich habe immer gesagt, dass ich die beiden Jahre, die ich durch die zwei Kreuzbandrisse in meiner Zeit bei Hertha BSC verloren habe, hintendran hängen werde. Ich habe immer noch sehr viel Spaß am Fußball, bin im Rhythmus und habe noch drei, vier – hoffentlich gute – Jahre im Tank.

Ist eine Rückkehr nach Deutschland abgehakt?

Ich bin kein Träumer. Bei einem 34-Jährigen stehen die deutschen Klubs nicht Schlange. Wobei ich zugeben muss: Wenn mein Ex-Klub Schalke anruft, nehm‘ ich den nächsten Flieger (lacht).

Haben Sie noch Kontakt zu S04?

Klar. Mit Gerald Asamoah tausch' ich mich regelmäßig aus, auch zu meinem früheren Jugendtrainer Manfred Dubski habe ich bis heute einen engen Draht. Schalkes Absturz hat auch mir hier in Sydney wehgetan.

Packt Schalke den sofortigen Wiederaufstieg?

Ich denke schon, dass Peter Knäbel und Dimitrios Grammozis zuletzt viele richtige Weichen gestellt haben. Aber die 2. Liga wird in der neuen Saison brutal schwer.

Alexander Baumjohann

In Deutschland für Schalke, Gladbach, Bayern, Kaiserslautern und Hertha BSC am Ball: Alexander Baumjohann. Getty Images

Hertha, ein anderer Ihrer Ex-Klubs, konnte den Abstieg so eben abwenden. Jetzt soll mit Kevin-Prince Boateng als Anführer der Aufbruch in bessere Zeiten gelingen. Ist er der Richtige dafür?

Ja, absolut. Er steht für Berlin, er ist Berlin. Er wird Hertha gut tun, er hat viel erlebt. Er war bei Tottenham, bei Milan, bei Barca – das wissen die anderen Jungs, und deshalb hören sie ihm zu. Ich habe mit Kevin-Prince in der deutschen U-21-Auswahl zusammengespielt und davor auch in anderen U-Teams. Inzwischen ist er etwas ruhiger geworden. Für ihn ist die Rückkehr eine Super-Geschichte und für Hertha auch. Ihn nicht schon vor ein oder zwei Jahren zurückgeholt zu haben, war ein Fehler.

Sie kennen den FC Bayern aus der Innenansicht und Ihrer Zeit dort. Füllt Julian Nagelsmann die Fußstapfen von Hansi Flick aus?

Davon bin ich überzeugt. Egal, mit wem ich spreche: Alle, die unter Julian Nagelsmann gearbeitet haben, schwärmen von seiner Arbeit und seiner Art. Er kann bei Bayern eine Ära prägen.

Zurück zu Ihrer Zukunft: Kommt nach dem Fußballspieler Baumjohann der Trainer Baumjohann?

Der Trainer vermutlich nicht, eher der Manager. Ich studiere Sportmanagement und bin an der European Sportsmanagement Academy (ESM) eingeschrieben. Das ist die Richtung, in die ich nach der aktiven Karriere gehen möchte.

Interview: Steffen Rohr