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Künstliche Intelligenz im Stadion: Die Zukunft des Zuschauens?

Zwei slowenische Erstligisten setzen bereits auf den "Chatbot"

Künstliche Intelligenz im Stadion: Die Zukunft des Zuschauens?

Im Stadion Ljudski des slowenischen Erstligisten NK Maribor gehört künstliche Intelligenz bereits zum Alltag.

Im Stadion Ljudski des slowenischen Erstligisten NK Maribor gehört künstliche Intelligenz bereits zum Alltag. Getty Images

Fußball im Stadion schauen, einen Burger essen, ein Trikot kaufen und dabei nicht mal aufstehen müssen? Was noch vor 20 Jahren als utopische Zukunftsvision für Faule klang, ist nun tatsächlich möglich - dank des zunehmenden Einsatzes von künstlicher Intelligenz (KI) im Sport. Mittlerweile kommt KI unter anderem in der Leistungsanalyse, in der Sportmedizin, im Scouting und im Stadion zum Einsatz. Von der Leistungssteigerung der Sportler bis hin zur Revolutionierung des Fanerlebnisses ist nun vieles mithilfe der innovativen Technologie umsetzbar.

Auf der SpoBis-Messe in Hamburg wurde jüngst ein herausragendes Anwendungsbeispiel aus Slowenien vorgestellt, welches im vergangenen Jahr im englischen Manchester sogar mit dem "Stadium Business Award" ausgezeichnet wurde. Beim dortigen Erstligisten NK Maribor ist das eingangs beschriebene Szenario zur Realität geworden. Hier muss niemand mehr im Stadion für Essen oder Trinken anstehen: Das in Ljubljana ansässige IT-Unternehmen 2Mobile und der Finanzdienstleister Mastercard haben für den slowenischen Rekordmeister ein KI-Tool entwickelt, das die Kommunikation zwischen Fans und Verein erleichtern und somit auch das Stadionerlebnis aufwerten soll.

"Unser sogenannter Sport-Chatbot ermöglicht es den Maribor-Fans, rund um die Uhr direkt per Chat mit dem Verein in Kontakt zu treten", erklärt 2Mobile-CEO Matjaz Mozina. So könne man mithilfe des Chatbots zudem Tickets oder Merchandise-Artikel kaufen, die neuesten Vereinsnachrichten und Spielerdaten erhalten, an Umfragen und Gewinnspielen teilnehmen oder eben bequem vom Sitzplatz aus Speisen und Getränke bestellen. Beim Zutritt zum Stadion muss lediglich per QR-Code ausgewählt werden, auf welchem Kanal man den Chatbot bedienen möchte: Apple Business Chat, Facebook Messenger oder Viber. Und schon ist man im heimischen KI-Kosmos und hat Zugang zu allen oben genannten Möglichkeiten, ganz ohne App-Download oder Registrierung.

Es gibt bereits erste Nachahmer

Auf die Idee des Chatbots kamen die Macher 2021 während der Corona-Pandemie, mit dem ursprünglichen Ziel, Kontakte zu reduzieren und bargeldloses Zahlen zu fördern. Die Idee hat Corona überlebt, ja sogar mehr als das: Der Sport-Chatbot wird mittlerweile auch von einem weiteren Erstligisten, NK Bravo Ljubljana, und dem slowenischen Handballverein RK Celje erfolgreich eingesetzt.

So wurden in den ersten drei Monaten nach dem Launch des Tools durchschnittlich 1300 Fans pro Verein erreicht, die über 5000 Nachrichten mit ihrem Klub austauschten und im Schnitt elf Euro für Essen, Trinken oder Merchandise-Artikel ausgaben. Das sind keine Zahlen, die einen nach Luft schnappen lassen, aber bei einer slowenischen Gesamtpopulation von gerade einmal zwei Millionen Einwohnern sind die Werte trotzdem beachtlich.

Diese neue Art von konversationeller KI mit einer persönlichen Kundenansprache und deutlich mehr Interaktion zwischen Klub und Fans ermöglicht dem Verein, wertvolle Informationen über seine Anhänger und ihre Bedürfnisse zu bekommen, die wiederum in das KI-Tool einzahlen. Zudem erhält der Verein durch den Chatbot mehr Umsatzmöglichkeiten und Werbeflächen für seine Partner.

KI im Stadion: Risiken und Chancen

Klingt erst einmal alles ganz wunderbar und nach einem Win-win für Fans und Verein. Doch stellt sich die Frage nach der Zuverlässigkeit und Glaubwürdigkeit des Chatbots und der darin enthaltenen KI. Können Klubs bei der Kommunikation mit ihren Fans voll auf ein solches System bauen, oder gibt es noch Risiken? Professor Daniel Memmert von der Deutschen Sporthochschule Köln hat sich in den vergangenen Jahren viel mit der KI-Thematik auseinandergesetzt. Für ihn ist vor allem die Handhabe eines solchen KI-Tools entscheidend: "Es läuft nach dem Prinzip: shit in - shit out. Das, was die Vereine in ihr jeweiliges KI-Tool eingeben, kommt am Ende auch bei den Fans raus. Wenn wenige Daten ins System eingegeben werden, kommt auch entsprechend weniger beim Endnutzer an."

Im Umkehrschluss bedeute das: Je größer und umfassender der Datenschatz, desto besser und fehlerfreier die KI. "Das betrifft eigentlich jeden Bereich bei der Anwendung von künstlicher Intelligenz. Insofern ist auch die Partizipation an solchen Chatbots zwingend nötig, um das jeweilige Tool qualitativ zu verbessern", sagt Memmert.

Eine KI-gesteuerte Kommunikation zwischen Klub und Verein könnte sich auch in Deutschland etablieren.

Professor Daniel Memmert

Das slowenische Modell könne hier durchaus als Vorbild dienen: "Menschen wollen Interaktion und eine persönliche Ansprache. Insofern könnte sich eine KI-gesteuerte Kommunikation zwischen Klub und Verein auch in Deutschland durchaus etablieren." Und wo liegen bei aller Euphorie die Grenzen von KI im Sport? Auch dazu hat der Akademiker eine klare Meinung: "Ich spreche eher von Chancen als Grenzen. Das ist wie beim Kleinkind vor einer Straße: Es sieht keine Grenzen, sondern nur die Chance, sie zu überqueren. Ähnlich ist das mit den Erwachsenen und KI: Sie sehen erst mal nur Chancen und nicht die Grenzen."

Im Praxistest des slowenischen Sport-Chatbots findet sich hierzulande doch noch eine kleine Grenze: Der Bot spricht kein Deutsch. Aber auch dafür gibt es in Zeiten von KI ja ganz gute Übersetzungstools …

William Harrison