Die Favoritenrolle auf dem Papier war schnell ausgemacht: Das in den jüngsten zehn Pflichtspielen nur einmal besiegte Atalanta, das auf diesem Weg auch den großen FC Liverpool in der Europa League oder jüngst im Serie-A-Rennen um den fünften und letzten Champions-League-Rang die Roma (2:1) aus dem Verkehr gezogen hatte, war mit einer Menge Selbstvertrauen in dieses Coppa-Finale gegangen.
Und doch war es Pokal-Rekordsieger Juventus, der diesem obligatorischerweise im römischen Stadio Olimpico ausgetragenem Endspiel seinen Stempel aufdrückte. Also jene Turiner Mannschaft, die seit Monaten auch für biederen und ergebnisorientierten Abwehrfußball bekannt gewesen war.
Vlahovic mit dem goldenen Start
Die Alte Dame kam äußerst intensiv daher, rannte forsch an, hielt den Angriff der Bergamasken um Akteure wie de Ketelaere, Koopmeiners und Lookman fast ausnahmslos in Schach. Lediglich Letzterer, seines Zeichens Ex-Leipziger, kam mit seinem Tempo immerhin mal auf.
Den ersten Nadelstich des Abends aber setzten die Bianconeri - und diesen gleich erfolgreich: Gegen eine etwas zu weit aufgerückte Abwehr Bergamos spielte Cambiaso halb aus der Drehung einen feinen Steilpass. Vlahovic war daraufhin durch, kam nicht aus dem Abseits, kochte mit starkem Körpereinsatz seinen Gegenspieler Hien ab und vollendete cool vor Schlussmann Carnesecchi zum 1:0 (4. Minute).
Nach einem halbgaren Versuch von Pasalic - Juve-Keeper Perin war zur Stelle (13.) - hielt Rabiot nach Chiesa-Steilpass den Schlappen rein. Doch auch hier stand ein Torhüter im Weg, Carnesecchi. Cambiaso verfehlte derweil sein Ziel (39.), ehe unmittelbar vor der Pause die Bergamasken die beste Chance hatten. Pasalic durfte recht freistehend abziehen, doch Gatti blockte ab (44.).
Juve erneut obenauf
Schoss Juventus zum Coppa-Triumph: Dusan Vlahovic. AFP via Getty Images
Im zweiten Abschnitt das ähnliche Bild: Abgesehen vom umtriebigen Lookman, der mit einem abgefälschten Schuss knapp das 1:1 verfehlte (51.) und in der Schlussphase mit einem Pfostenkracher regelrecht verzweifelte (80.), fanden sich gegen die Turiner Abwehr keine Mittel. Gerade das defensive Kopfballungeheuer Bremer, das mit seinen Kollegen Gatti und Danilo schier alles wegverteidigte, war komplett überlegen.
Spannend war es aber lange geblieben, weil die Offensive der Bianconeri selbst nicht das 2:0 zustandebrachte: Vlahovic bekam nach einem Stoß von Hien keinen Strafstoß (55.), wurde außerdem kurz vor seinem zweiten Treffer von de Roon abgekocht (64.) und wurde, als ihm wirklich der Doppelpack via Kopfball nach Cambiaso-Flanke gelungen war, von einer VAR-Abseitsentscheidung vom jubelnden Ross geholt. Pech hatte zudem der eingewechselte Miretti, der aus spitzem Winkel an den Querbalken donnerte (84.). Es reichte aber auch so.
Juventus, das in der insgesamt neunminütigen Nachspielzeit noch ohne den wutenbrannt schimpfenden Trainer Massimiliano Allegri auskommen musste (Rot wegen Schiedsrichterbeleidigung), holte sich mit diesem insgesamt absolut verdienten 1:0-Sieg im Endspiel zu Rom den insgesamt 15. Triumph in der Coppa Italia. Einem Wettbewerb, den manch ein Atalanta-Anhänger so langsam verteufeln dürfte. Denn die Bergamasken, die in ihrer Vereinsgeschichte bis dato erst einen Titel geholt hatten (Pokal am Ende der Saison 1962/63), verloren nun schon zum dritten Mal seit 2019 in einem Finale (0:2 gegen Lazio, 1:2 gegen Juventus und nun erneut knapp gegen die Turiner).
Für Allegri war es übrigens bereits der fünfte Coppa-Erfolg, Rekord in Italien vor Sven-Göran Eriksson und Roberto Mancini mit je vier.