Bundesliga

"Verlängern oder verkaufen": Warum der Fall Tah so knifflig ist

Leverkusens Abwehrchef erstes Beispiel für Münchner Störfeuer

"Verlängern oder verkaufen": Warum der Fall Tah so knifflig ist

geht er oder bleibt er? Jonathan Tah.

geht er oder bleibt er? Jonathan Tah. IMAGO/Chai v.d. Laage

Wo spielt Jonathan Tah in der kommenden Saison? Diese Frage kann derzeit niemand beantworten. Auch Fernando Carro, Geschäftsführer von Bayer 04 nicht. Doch bei "Sky 90" legte der Spanier noch mal die Herangehensweise des Klubs für solche Fälle dar.

"Wir sind ein Verein, der keine Spieler ablösefrei gehen lässt. Das heißt, wir müssen verlängern, sonst werden wir ihn verkaufen", sagte Carro, "das weiß Jonathan auch." Gegenüber dem 28-Jährigen habe sich der Klub, wie der kicker bereits berichtete, längst positioniert. "Wir haben mit ihm gesprochen, wir schätzen ihn sehr. Er weiß, dass der Verein und wir alle ihn in Leverkusen behalten wollen. Wir respektieren aber auch seinen Wunsch. Ob er am Ende bei uns bleibt oder woanders hingeht, werden wir sehen."

Verlängern oder verkaufen, so lautet das Leverkusener Standardmuster bei Spielern, deren Verträge nur noch eine Saison laufen. Doch im Fall Tah könnte diese durchaus schwierig werden, dieses auch wie gewünscht umzusetzen.

Schließlich geht die Spielerseite davon aus, dass Tah, der vergangenen Sommer eine inzwischen abgelaufene Ausstiegsklausel zwischen 16 und 18 Millionen Euro verfügte, nun ein Jahr vor Vertragsende zu einer nicht deutlich höheren Summe wechseln könne.

Tah-Abschied - am wenigsten gerne nach München

Klar ist: Bayer würde seinen Abwehrchef - wenn überhaupt - natürlich am wenigstens gerne an den Rekordmeister aus München verlieren, dem ein Interesse an dem Abwehrspieler nachgesagt wird. Nachdem die Münchner im Sommer 2023 mit der Leihe von Josip Stanisic sich selbst keinen Gefallen getan haben, um es gelinde auszudrücken, möchten die Leverkusener jetzt nicht umgekehrt ihren besten Verteidiger an die Bayern verlieren. Erst recht nicht unter seinem grundsätzlichen Marktwert.

Das wurde aus Carros Worten deutlich. "Wenn ich mich in Jona hineinversetzen würde, könnte es für ihn vielleicht interessanter sein, woanders hin zu wechseln als innerhalb Deutschlands. Das Ausland ist natürlich eine neue Lebenserfahrung. Aber wir wünschen uns natürlich, dass er bleibt." Die klare Botschaft. Wenn überhaupt, gäbe Bayer Tah lieber ins Ausland ab.

40 Millionen? Ein zweiter Top-Deal mit Bayern ist ausgeschlossen

40 Millionen Euro, wie zuletzt spekuliert wurde, würde wohl kein Klub bezahlen. Schon gar nicht der FC Bayern. Würden sich die Münchner doch nicht nach der Stanisic-Leihe, bei der sie im Nachhinein äußerst schlecht aussahen, nicht einen zweiten Deal mit Bayer 04 machen, der nur die Leverkusener gut dastehen lassen würde.

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Vielleicht 25 Millionen Euro wären als ein realistischer Preis für Tah anzusehen. Für diese Summe würde er für die Münchner allerdings ein Schnäppchen darstellen, mit dem sie gleichzeitig den direkten Konkurrenten deutlich schwächen könnten.

Sollte das prinzipielle Interesse der Münchner an Tah für den Fall, dass die Bayern einen oder mehrere ihrer aktuellen Innenverteidiger abgeben, wirklich einmal konkret werden, könnte Bayer durch die kurze Vertragslaufzeit sowie die Marktlage unter Zugzwang geraten.

Die einzige ernsthafte Option?

Carro erklärte, dass es bislang keine Kontaktaufnahme seitens der Münchner mit Leverkusen wegen Tah gegeben habe. Da der Nationalspieler nur zu einem absoluten Spitzenklub wechseln würde und vom Interesse der englischen Champions-League-Teilnehmern bislang nichts bekannt ist, könnte am Ende der FC Bayern die einzige ernsthafte Option für Tah darstellen.

Carros Worten zur Folge, würde Bayer dann also an die Bayern verkaufen müssen, wenn Tah nicht verlängern möchte. Doch den Abwehrchef für vergleichsweise geringe 25 Millionen Euro nach München abzugeben, würde dem Werksklub sicher auch nicht schmecken. Schließlich wäre dies angesichts Tahs Topform seit fast eineinhalb Jahren nicht als Transfercoup von Leverkusener Seite zu bewerten, sondern bestenfalls als erträglicher Preis.

Niedrige Ausstiegsklausel als Lösung?

Um einen ablösefreien Wechsel 2025 zu vermeiden, bliebe Bayer so nur noch die Möglichkeit, mit Tah den Vertrag auf Kosten einer niedrigen Ausstiegsklausel zu verlängern, so dass dieser 2025 für eine Summe unterhalb der 20-Millionen-Marke gehen könnte.

Eine knifflige Konstellation. Zumal die Münchner im Fall der Fälle Tah ein deutlich höheres Gehalt offerieren würden, was Bayer 04 die Verhandlungen mit dem Abwehrchef zumindest nicht erleichtern würden. Gilt doch das Werben um Spieler der direkten Konkurrenten auch als beliebtes Mittel des FC Bayern, um das Gehaltsgefüge bei diesen Klubs nach oben zu treiben.

Stephan von Nocks