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Sosas pikanter Agenturwechsel

Mislintat und Ajax beenden Vertrag - Untersuchung versandet offensichtlich

Sosas pikanter Agenturwechsel

Kennen sich aus gemeinsamen Zeiten beim VfB Stuttgart: Sven Mislintat und Borna Sosa.

Kennen sich aus gemeinsamen Zeiten beim VfB Stuttgart: Sven Mislintat und Borna Sosa. IMAGO/Sportfoto Rudel

Am 8. März war man recht glücklich bei der Sports Entertainment Group, kurz SEG. Voller Stolz verkündete die Spielerberatungsagentur, die nach eigenen Angaben mehr als 600 Talente weltweit unter Vertrag hat, dass sich Borna Sosa ihr angeschlossen habe. Das wäre an sich keine Geschichte wert, gäbe es da nicht eine interessante Konstellation und eine Vorgeschichte.

So fungiert Alex Kroes, der SEG mitgegründet und seine Anteile an der Agentur anno 2018 verkauft hatte, seit 15. März als CEO von Ajax. Eine Wettbewerbsklausel in seinem alten Vertrag bei AZ Alkmaar verzögerte Kroes‘ Einstieg beim niederländischen Rekordmeister, der bereits im Sommer 2023 bekanntgegeben hatte, dass Kroes Edwin van der Sar an der Spitze des Klubs beerben werde. Wie eng die Drähte zwischen SEG und Kroes offenkundig noch sind, untermauert eine Anzeige der Agentur in der Amsterdamer Tageszeitung "Het Parool", die am 15. März, also am Tag des Starts des neuen CEO erschien. Darin wünschte SEG Kroes "good luck, Alex". Also "viel Erfolg, Alex".

Mislintat fädelt Sosa-Deal ein

Spannend wird die ganze Sache unter Betrachtung der Vorgeschichte, die sich rund um Borna Sosa dreht. Der Kroate kam am 1. September für 8 Millionen Euro vom VfB Stuttgart. Eingefädelt hatte den Transfer Sven Mislintat, der Sosa aus seiner Zeit bei den Schwaben bestens kannte, im Zusammenspiel mit der deutschen Beratungsagentur AKA Global. Mislintat war Mitte Mai noch von van der Sar eingestellt worden, dessen Aus wiederum zum 30. Mai publik wurde. Am 2. August verkündete der Klub, dass Kroes im Frühjahr 2024 als CEO übernehmen werde.

Keine drei Wochen nach dem Sosa-Transfer meldeten niederländische Medien plötzlich Unregelmäßigkeiten. Mislintat, so hieß es, führe eine Geschäftsbeziehung mit AKA Global. In der Tat ist AKA mit 3,16 Prozent an der Matchmetrics GmbH beteiligt, deren größter Anteilseigner als Gründer Mislintat selbst mit 35 Prozent ist. Von Mislintats Matchmetrics-Anteil war die alte Klubführung, die Mislintat eingestellt hatte, in jedem Fall informiert. Das bestätigte eine Untersuchung, die Ajax gegen den 51-Jährigen eingeleitet hatte. Ob das für die AKA-Global-Beteiligung auch galt, ist unklar.

In der Sachfrage des Sosa-Deals allerdings geht es nicht nur um diese Konstellation, sondern auch um den Umgang mit Exklusivvereinbarungen zwischen Beratern und Fußballprofis, die in den Niederlanden erlaubt sind, in Deutschland hingegen nicht. Sosa bediente sich offenbar mehrerer Vermittler, am Ende machte AKA Global den Deal zu Ajax.

Sosa springt Mislintat zur Seite

Stellt sich die Frage: Wie kamen belastende Nachrichten an die Öffentlichkeit und wem nutzten sie? Denn dass ausgerechnet Nachrichten eines Geschäftsführers der Agentur Stellar an die Öffentlichkeit kamen, die offenbar zeitweise ein Mandat für Sosa hatte, aber am Ende nicht zum Zug kam, wirft Fragen auf. Den Nachrichten zufolge jedenfalls habe Mislintat bei Sosa darauf gedrängt, den Deal mit AKA Global durchzuziehen.

Die Leute urteilten über Dinge, die Sven, wie ich weiß, nicht getan hat.

Borna Sosa

Eine Darstellung, der der Kroate wiederholt widersprach, zuletzt beim niederländischen Sender NOS, der die ganze Affäre mit losgetreten hatte. "Ich war schockiert. Vor allem, als sie anfingen, in den Zeitungen Dinge zu schreiben, die völlig unwahr waren. Die Leute urteilten über Dinge, die Sven, wie ich weiß, nicht getan hat", wird Sosa da zitiert. Ende September 2023 war Mislintat freigestellt worden. Der ganze Ablauf der Sache erweckt den Eindruck, dass die Konstellation bei Matchmetrics öffentlichkeitswirksam dazu ausgeschlachtet werden sollte, um den noch vom vorherigen CEO van der Sar installierten Mislintat, an dessen Transferpolitik sich auch diverse Ajax-Altstars abgearbeitet hatten, loszuwerden.

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Dazu passt, dass Ajax bei der turnusmäßigen Veröffentlichung seiner Halbjahreszahlen am 28. Februar die Untersuchung erwähnte und erklärte, dass diese in der Endphase stecke, jedoch bis heute mit keiner Silbe kundtat, dass der Vertrag mit Mislinat längst aufgelöst ist, wie der ehemalige BVB- und Arsenal-Direktor auf eine kicker-Anfrage erklärt: "Mein Arbeitsvertrag mit AFC Ajax wurde zu den vertraglich vereinbarten Bedingungen im beiderseitigen Einvernehmen aufgelöst. Es war nie meine Art, mich öffentlich im Detail zu meinen ehemaligen Klubs zu äußern und ich werde das auch jetzt nicht tun. Intern dagegen ist dies von meiner Seite ausführlich, transparent und absolut eindeutig gegenüber meinem ehemaligen Arbeitgeber erfolgt. Ich hoffe, dass AFC Ajax nach den vielen Wechseln auf Führungspositionen zur Ruhe kommt und sportlich schnellstmöglich an die Serie nach dem Trainerwechsel und vor der Winterpause anknüpfen kann."

Untersuchung offenbar versandet

Stellt sich die Frage, warum ein Klub einen noch bis 2026 gültigen Vertrag auflöst - trotz einer noch laufenden Untersuchung. Die lange Laufzeit dürfte durchaus Auswirkungen auf eine mögliche Abfindung gehabt haben. Mislintats Aussage, der Kontrakt sei zu "vertraglich vereinbarten Bedingungen" beendet worden jedenfalls klingt schwer nach einer solchen. Vieles spricht dafür, dass die Untersuchung offenbar versandet ist, ohne dass es konkrete Erkenntnisse über ein Fehlverhalten Mislintats gäbe. Auch der VfB hatte übrigens seinerzeit, aufgeschreckt von den Meldungen aus Amsterdam, eine Untersuchung gegen Mislintat eingeleitet. Hängengeblieben allerdings ist an dem ehemaligen Sportdirektor: Nichts.

Benni Hofmann