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Neymar-Aus: Eine schlaflose Nacht und weitere Folgen

Die Verletzung des Superstars schockt Brasilien

Neymar-Aus: Eine schlaflose Nacht und weitere Folgen

Ein ganzes Land leidet mit: Für Neymar ist die WM beendet.

Ein ganzes Land leidet mit: Für Neymar ist die WM beendet. Getty Images

Aus Rio de Janeiro berichtet Jörg Wolfrum

Kapitän Thiago Silva ist gesperrt im Halbfinale gegen Deutschland nach seiner gelben Karte. Okay, das war schon früh klar im Viertelfinale gegen Kolumbien. Aber nun auch noch Superstar Neymar. Bruch des Lendenwirbels nach dem überharten Einsteigen von Juan Camilo Zuniga kurz vor Schluss.

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Brasilien - Vereinsdaten
Brasilien

Gründungsdatum

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Brasilien ist geschockt, Liveschaltungen die ganze Nacht hindurch. Es tat sich zwar nichts anfangs vor der Klinik am Spielort Fortaleza, später in Rio, aber irgendwas musste ja getan werden. Also wurden Menschen aus Las Vegas dazu geschaltet oder von wo auch immer. Brasilianer aus der ganzen Welt spendeten Trost und arbeiteten sich an der Taktik ab, die die Seleçao nun am Dienstag in Belo Horizonte gegen Alemanha anzuwenden habe.

WM-Aus, aber keine OP

Vom Verband, von der Seleçao gab es kein Statement, außer dem vom frühen Abend, wonach der 22-Jährige für den Rest der WM ausfalle. Zwar sei keine Operation notwendig, man werde konservativ behandeln. Doch dann war Nachrichtensperre. Eingegraben hatten sich da längst die Bilder des weinenden Neymar auf dem Rasen, Neymar auf der Trage, Neymar am Tropf, irgendwo gefilmt, man weiß es schon nicht mehr: im Stadion, im Krankenwagen, bei der Ankunft in Krankenhaus. Es gibt sogar Bilder, da wirkt die Trage wie eine Bahre, weil Neymar da, in ein weißes Betttuch gehüllt, sich dieses auch noch über den Kopf zieht. Ganz so dramatisch ist es dann doch nicht.

Spielbericht und Meldungen

Vorbei ist nur die WM für den Superstar. Schon am Abend flog Neymar nach ersten Untersuchungen mit der Mannschaft zurück nach Rio de Janeiro, unklar war in der Nacht (Ortszeit), ob der Barça-Spieler die nächsten Tage mit der Mannschaft im Quartierort Teresopolis verbringen wird, rund zwei Autostunden von der Millionenmetropole entfernt.

Was also tun? Da traf es sich gut, dass Brasiliens SporTV just für den heutigen Tag eine illustre "Weltmeisterrunde" zusammengestellt hatte: mit dabei neben Argentiniens Daniel Passarella, der 1978 die Albiceleste zum Titel geführt hatte, auch der Italiener Fabio Cannavaro, Brasiliens Legende Carlos Alberto Torres und Lothar Matthäus, Deutschlands WM-Kapitän von 1990. Franz Beckenbauer war auch angekündigt gewesen, aber der hatte dann offenbar schon vor einiger Zeit abgesagt. Die Sache mit der FIFA, Sperre, mittlerweile zwar aufgehoben, aber dennoch: Er kam nicht.

Matthäus fand Brasilien "nicht überzeugend"

Während der Argentinier Passarella Brasiliens Nachteulen Mut machte: "Jetzt wird es für Deutschland noch schwieriger, weil die Seleçao noch mehr zusammenrücken wird. Jeder denkt ja jetzt, Deutschland habe schon gewonnen. Aber die Spieler werden jetzt erst recht alles geben und bis zum Umfallen rennen." Während also Passarella Optimismus versprühte, sprach Matthäus gewohnt Klartext: "Brasilien muss sich steigern. Vor der Pause hatte ich Respekt, aber insgesamt war ich nicht überzeugt von der Mannschaft", erklärte Deutschlands WM-Rekordspieler, der vor allem die zweite Hälfte des Viertelfinal-Auftritts als "nicht stabil genug" kritisierte: "Brasilien machte mir keine Angst gegen Kolumbien." Ein Neymar sei nicht zu ersetzen für Brasilien, so der Tenor. Viel eher schon, zumindest für ein Spiel, der gelbgesperrte Abwehrchef Thiago Silva: "Dante kennt Druck von Bayern München. Er kennt Druck aus der Champions League. Er ist eine Option", so der deutsche Rekordnationalspieler.


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Natürlich durfte auch Diego Maradona nicht fehlen. Der war zwar nicht bei SporTV eingeladen, er ist ja für einen Millionen-Betrag an einen venezolanischen Sender gebunden in diesen Copa-Tagen: "Ich bin traurig", erklärte Brasiliens "Staatsfeind Nummer 1", zumindest wenn es darum, wer denn der Beste aller Zeiten gewesen sein soll.

Die Deutschen wissen, dass wir nicht nur aus Neymar bestehen. Sie werden uns respektieren.

Oscar

Mut sprechen sie sich derweil auch selbst zu: "Die Deutschen wissen, dass wir nicht nur aus Neymar bestehen. Sie werden uns respektieren", erklärte Offensivspieler Oscar. Wo er Recht hat, hat er Recht. Dennoch wirkt es wie das berühmte Pfeifen im Walde. Es könnte Dunkel werden für die Seleçao bei dieser WM. Gerade jetzt, wo doch der lichte Moment, das Finale von Rio, wieder einen Schritt näher gerückt ist. Die Nacht, sie wollte irgendwie kein Ende nehmen am Zuckerhut. Die Sendung "Madruga", soviel wie Nachtwächter, war zum Zeitpunkt, als diese Zeilen entstanden, immer noch auf Sendung.