WM

Deschamps: "Eine gute Show ist, wenn du triffst"

Ecuador hadert mit dem Referee

Deschamps: "Eine gute Show ist, wenn du triffst"

Ohne Glanz ins Achtelfinale: Frankreichs Didier Deschamps (re.) und Mamadou Sakho.

Ohne Glanz ins Achtelfinale: Frankreichs Didier Deschamps (re.) und Mamadou Sakho. Getty Images

Aus Brasilien berichtet Hans-Günter Klemm

Auch er zitterte bis zum erlösenden Schlusspfiff. Als dieser im Maracana ertönte, jubelte einer auf der Tribüne regelrecht enthusiastisch. "Wir sind dabei!" rief Urs Meier, der ehemalige Weltklasseschiedsrichter, der nun als ARD-Experte bei der Weltmeisterschaft dabei ist. Verständliche patriotische Gefühle des Schweizers, weil nur das Team, das gar nicht zugegen war, von der eher biederen Nullnummer zwischen Frankreich und Ecuador profitiert hatte. Die Eidgenossen, selbst 3:0-Sieger gegen Honduras, sicherten sich damit den zweiten Gruppenrang und ziehen ins Achtelfinale ein.

Weltmeisterschaft - Vorrunde, 3. Spieltag
mehr Infos
Weltmeisterschaft - Tabelle - Gruppe E
Pl. Verein Punkte
1
Frankreich Frankreich
7
2
Schweiz Schweiz
6
3
Ecuador Ecuador
4
Trainersteckbrief Deschamps
Deschamps

Deschamps Didier

Frankreich - Vereinsdaten
Frankreich

Gründungsdatum

01.01.1919

mehr Infos

Verhaltener fielen die Reaktionen der zuvor schon qualifizierten Franzosen, die in ihrem Vorrundenspiel bis zum Ende zittern mussten. Sie verpassten damit ihren Rekord aufzustellen, den sie bei der Heim-Weltmeisterschaft 1998 verbucht hatten: drei Siege in der ersten Runde. Die Grande Nation, die neben dem gesperrten Cabaye noch auf Valbuena, den mit Gelb vorbelasteten Evra, Debuchy und Varane (Magenprobleme), der in der zweiten Hälfte jedoch eingewechselt wurde, verzichtet hatte, wirkte mit ihrer zweiten Garnitur eher ganz klein gegen eine zu Beginn der zweiten Halbzeit dezimierte Formation aus Ecuador.

Spielberichte

"Wir haben heute viele Möglichkeiten, doch wir haben sie nicht genutzt", analysierte treffend Didier Deschamps, dessen Genugtuung über das Weiterkommen, wie er sagt, nicht getrübt sei. Fußball sei nun mal eine Show, meinte der Trainer der Franzosen weiter. "Eine gute Show ist, wenn du triffst. Doch wir haben heute nicht getroffen." Mit Karim Benzema und Olivier Giroud an der Spitze verpassten die Europäer einige Möglichkeiten oder scheiterten am glänzenden Keeper Alexander Dominguez.

Der Spieler des Spiels sprach von einer "besonderen Motivation", im brasilianischen Fußball-Tempel Maracana auf einen so renommierten Gegner getroffen zu sein. Mit Recht wies er auch auf die Schlüsselszene der Partie hin: Die zumindest zweifelhafte Rote Karte, "die uns sehr zurückgeworfen hat und unser Spiel kompliziert hat." Antonio Valencia kassierte nach einem Zweikampf mit Lucas Digne diesen Platzverweis. Eine harte Entscheidung des Schiedsrichters Noumandiez Doué, der beim Zweikampf ein robustes Einsteigen mit beiden Beinen durch den Star aus Manchester registriert hatte.

Antonio Valencia, Lucas Digne (u.)

Sah nach diesem Foul an Lucas Digne die Rote Karte: Antonio Valencia. imago

Nun Konzentration auf Nigeria

So aufmerksam war der Unparteiische auf der Gegenseite nicht. Er übersah in der Anfangsphase einen Ellbogenschlag von Mamadou Sakho gegen Oswaldo Minda und später eine weitere Tätlichkeit des eingewechselten Giroud. Auch hier wären persönliche Strafen nur konsequent gewesen. Vor allem Abwehrspieler Sakho droht nachträglich noch ein Verfahren durch die Disziplinarkommission des Weltverbands.

Ecuador durfte sich benachteiligt fühlen, musste fast eine komplette Hälfte in Unterzahl agieren. Frankreich setzt somit weiter ein Fragezeichen. Ungeklärt bleibt, wie stark die Mannschaft wirklich ist. Heute habe man gesehen, meinte anschließend Karim Benzema, "dass es keine leichten Gegner mehr gibt." Und Innenverteidiger Raphael Varane zeigte sich erleichtert und glücklich nach der mühevollen, oft langweiligen Partie.

Pflicht getan, nun folgt die Kür. Es kommen die wahren Prüfungen: Nigeria im Achtelfinale beispielsweise. "Ein solides Team“, stuft Deschamps den Kontrahenten ein, dem er gute Defensivarbeit und viel Tempo im Spiel bescheinigt. "Wir werden sehr kämpfen müssen." An den möglichen Vergleich mit der deutschen Nationalelf, die im Viertelfinale der Gegner sein könnte, will der französische Coach noch keinen Gedanken verwenden: "Ich konzentriere mich nun ganz auf Nigeria. Wir müssen einen Schritt nach dem anderen tun."

Jedenfalls ist nach dem nicht ganz so wie geplant verlaufenden Abend in Rio wieder Ernüchterung eingekehrt im Lager des Weltmeisters von 1998. Ein wohltuender Realismus, wie ihn Deschamps, der alte Hase, der vor 16 Jahren als Kapitän mithalf, den ersten und einzigen Welt-Titel nach Frankreich zu holen, schon immer verkörpert hat. Die Reaktionen in der Heimat nach dem 5:2-Kantersieg über die Schweiz hatten ihm gar nicht geschmeckt: "Einige hatten schon gedacht, jetzt sind wir die Könige der Welt." Der Kreis jener optimistischen Franzosen sollte nun wieder kleiner geworden sein.

Bilder zur Partie Ecuador - Frankreich

Bilder zur Partie Honduras - Schweiz