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"Das Ende des Fußballs in Montenegro"

Nach dem Skandal-Spiel von Podgorica

"Das Ende des Fußballs in Montenegro"

Verletzt am Boden: Russlands Nationaltorhüter Igor Akinfeev nachdem er vom Bengalo getroffen wurde.

Verletzt am Boden: Russlands Nationaltorhüter Igor Akinfeev nachdem er vom Bengalo getroffen wurde. imago

Schockierend war die Szene, als nach nur 20 Sekunden (!) ein brennender Bengalo den russischen Nationaltorhüter Igor Akinfeev direkt am Kopf traf und dieser daraufhin mit einer Nackenblessur und kleineren Brandverletzungen in ein Krankenhaus gebracht werden musste.

Der Übeltäter wurde inzwischen offenbar erwischt, jedenfalls hat sich ein 25-Jähirger der Polizei gestellt und die Tat gestanden. Der Mann aus Podgorica beteuert aber, dass es nur ein Reflex von ihm war - "er habe den bereits brennenden Bengalo auf den Rasen geworfen, damit er selbst und die Zuschauer um ihn herum nicht verletzt werden". Unabhängig davon entschuldigte er sich "bei dem verletzten Mann, seinem Fußballverband sowie auch unserer Elf und beim ganzen Staat. Erst jetzt habe ich die Folgen des Feuerwerkwurfs begriffen." Inwiefern seine Aussage der Wahrheit entspricht, das bleibt der örtlichen Justiz überlassen, ein Verfahren gegen den Mann wurde bereits eröffnet.

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Doch nicht nur der 25-Jährige muss Strafe fürchten, auch der montenegrinische Fußballverband. Zwar hatte die Szene aus der 1. Minute nur zu einer Spielunterbrechung geführt. Nach Angaben von Fabio Capello, Russlands Nationaltrainer, wurde die Partie auf Wunsch der UEFA-Offiziellen zunächst fortgesetzt: "Die UEFA-Verantwortlichen haben gesagt, dass wir weiterspielen sollen." Zu Ende gebracht wurde die Begegnung dennoch nicht, denn Aytekin brach nach 67 Minuten ab, als ein von der Tribüne geworfener Gegenstand den Russen Dimitri Kombarov getroffen hatte.

Jetzt ist die UEFA an der Reihe. Montenegro erwartet auf jeden Fall ein Nachspiel. Es wird erwartet, dass das Spiel mit 3:0 für die Sbornaja gewertet wird. Wahrscheinlich dürfte auch eine Strafe von mehreren Heimspielen unter Ausschluss der Öffentlichkeit und eine Geldstrafe sein. "Das haben wir überhaupt nicht gebraucht", sagte Stevan Jovetic von Manchester City und übte auch Kritik am Verhalten des Gegners. "Nach der ersten Unterbrechung wurde ihnen gesagt, dass beim geringsten Zwischenfall das Spiel abgebrochen werden würde. Die haben nur darauf gewartet, und er Schiedsrichter pfiff sofort ab, als er die erste Münze auf dem Rasen sah". Ob Jovetics Ausführungen korrekt sind, das sei mal dahingestellt, Recht hat er aber in einer Sache: "Am Ende werden wir das ausbaden müssen. Ich hoffe, dass die Strafe nicht zu hoch ausfällt."

Harsche Kritik in Montenegro

Solche Leute braucht niemand: Hooligans, Chaoten, Idioten.

Solche Leute braucht niemand: Hooligans, Chaoten, Idioten. imago

Weitaus emotionaler fiel die Reaktion in der montenegrinischen Öffentlichkeit aus. In den Medien ist sogar vom Untergang der Zivilisation die Rede, man könne in den eigenen Sportstadien nur Barbarei antreffen. Die Zeitung "Vijesti" prophezeite gar das Ende des Fußballs in Montenegro "als zivilisierter Sport; wenigstens auf absehbare Zeit". Der Generalsekretär des Fußballverbandes Momir Djurdjevac zeigte sich tief erschüttert.

"Das ist ein Schande", sagte er gegenüber dem Fernsehsender RTVCG und übte scharfe Kritik an den Hooligans: "Sie singen, wie sehr sie Montenegro lieben, doch sie machen alles dafür, um ihm zu schaden. So haben wir keinen Staat verdient, keine Nationalmannschaft und auch keine EM-Qualifikation. Das Glas ist übergelaufen und es wird Zeit, dass jemand einschreitet."

Neben der örtlichen Regierung wird diese zweifelhafte Ehre nun auch der UEFA zuteil kommen. Diese hält sich aber gewohnt bedeckt, will erst einmal alle Informationen haben. "Die UEFA wird zunächst die Berichte des Spieldelegierten und des Schiedsrichters abwarten, ehe ein Disziplinarverfahren eröffnet wird", hieß es in der offiziellen Mitteilung. Schiedsrichter Aytekin äußerte sich zu Geschehnissen bislang überhaupt nicht.

drm