EM

Spott in der Heimat: "Holland ist ein Witz"

Niederlande: Nach der Nullrunde und dem EM-Aus

Spott in der Heimat: "Holland ist ein Witz"

Konsterniert: Die niederländischen Stars Wesley Sneijder (li.) und Robin van Persie.

Konsterniert: Die niederländischen Stars Wesley Sneijder (li.) und Robin van Persie. imago

Beerdigungsstimmung herrscht in unserem Nachbarland. "Eine Schande, wenn wir ausscheiden", hatte vor dem mit 1:2 verlorenen Schicksalsspiel gegen Angstgegner Portugal Wesley Sneijder, der heimliche Kapitän der Elftal, geunkt. So ist es gekommen. Und Oranje hat sich in Polen und der Ukraine nur noch wie ein riesiger Scherbenhaufen präsentiert: Die Tageszeitung "De Telegraaf" spottete: "Holland ist ein Witz."

Viele Stars, kein Team

Das Land, das stets vom schönen Fußball träumt, denkt nun gezwungenermaßen an die nackten Ergebnisse, die ausgeblieben sind. Die Gründe sind vielfältig: Anders als bei der WM 2010 bildete die Elf keine Einheit. Als zerstrittener Haufen präsentierten sich die Stars. Hier die Gruppe um Robin van Persie, dort die Clique um Wesley Sneijder, die beiden namhaften Antipoden im Team.

Trainersteckbrief van Marwijk
van Marwijk

van Marwijk Bert

Niederlande - Vereinsdaten
Niederlande

Gründungsdatum

01.01.1889

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Zur Gruppe des Inter-Profis Sneijder zählten auch die Edelreservisten Klaas-Jan Huntelaar und Rafael van der Vaart, die sich beide nur schwer in ihre Schicksal fügten und in zahlreichen Interviews ihren Unmut kundtaten, was das Klima in der Truppe nicht gerade positiv beeinflusste. Als die beiden ihre Chance bekamen, gerade auch im finalen Match gegen die Südeuropäer, wussten sie auch nicht zu überzeugen.

Was macht Bert van Marwijk?

"Fragen Sie mich nicht nach meiner Zukunft!", meinte nach dem Debakel der Hauptverantwortliche. Bert van Marwijk, der umstrittene Bondscoach, bat um Bedenkzeit. Seinen Vertrag hatte er vor dem Turnier um vier Jahre verlängert. Nun das blamable Scheitern, für das der frühere Dortmunder Coach auch eine Mitverantwortung trägt. Die Kritiker in der Heimat haben ihn zur Zielscheibe gemacht. Es könnte sein, dass van Marwijk dem Druck nachgibt und von selbst das Handtuch wirft. Möglich sei alles, sagen die Fußballschreiber der niederländischen Presse.

Unterstützung erhält van Marwijlk derweil vom Präsidenten. "Ein Abschied steht nicht auf der Tagesordnung", betonte Bert van Oostveen vor der Abreise aus Krakau. Er forderte Kredit für den Trainer ein, der bei der EM nie das Format erreicht hat, das ihn vor zwei Jahren ausgezeichnet hat. Auch einer der Chefkritiker in den holländischen Medien formulierte ein klares Bekenntnis für van Marwijk. Wim van Hanegem, einer der Helden der Elf von 1974, meinte zu kicker online: "Van Marwijk ist nicht der Alleinschuldige. Auch seine Assistenten haben versagt. Es wäre zu einfach, den Kopf des Cheftrainers zu fordern. Van Marwijk muss bleiben."

Hans-Günter Klemm