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Kiew: Jerusalem des Ostens

Die EM-Städte im Überblick

Kiew: Jerusalem des Ostens

Zwiebeltürmchen soweit das Auge reicht: Wegen seiner zahlreichen Kirchen und Klöster wird Kiew das "Jerusalem des Ostens" genannt.

Zwiebeltürmchen soweit das Auge reicht: Wegen seiner zahlreichen Kirchen und Klöster wird Kiew das "Jerusalem des Ostens" genannt. picture alliance

Geschichte

Den Überlieferungen zufolge wurde Kiew von drei Brüdern und einer Schwester namens Kyj, Schtschek, Choriw und Lybid gegründet, die auf drei Anhöhen ihre Dörfer errichteten. Zudem wurde eine Festung gebaut, die den Namen des ältesten Bruders erhielt. Hiervon leitet sich der Name Kiew ab, was so viel bedeutet wie "Stadt von Kyj". Vermutlich geschah dies zu Beginn des 6. Jahrhunderts.

Kiew hatte eine strategische Lage an den Handelswegen zwischen den Warägern und den Griechen. Mitte des 9. Jahrhunderts herrschten hier warägische Fürsten, bis die Stadt 882 von Rurik, dem Gründer des ersten ostslawischen Reiches, und dessen Feldherren erobert wurde. Diese vereinigten den gesamten Herrschaftsbereich der Waräger und machten Kiew zur fürstlichen Residenz des Kiewer Rus, einem mittelalterlichen Großreich.

Ende des 10. Jahrhunderts mussten die heidnischen Kiewer zum orthodoxen Christentum konvertieren. Im 11. und 12. Jahrhundert erreichte die Stadt ihren Höhepunkt und zählte zu den größten Europas. 1240 wurde Kiew von Batu Khan, dem Enkel Dschingis Khans, erobert. Alle Bewohner wurden daraufhin getötet, die dichtbesiedelte Stadt bis auf die Grundmauern zerstört. Mitte des 14. Jahrhunderts ging Kiew infolge der Schlacht am Irpen an Litauen über, 1569 wurde sie zu einer polnisch- litauischen Provinzhauptstadt. Nach dem ukrainisch-russischen Bündnisschluss 1654 wurde die Stadt an Russland angegliedert. In der Folgezeit erlebte die Orthodoxie hier eine erneute Blütezeit: Zahlreiche Gebäude wurden wiederaufgebaut und Schulen wurden gegründet.

Kiew: Jerusalem des Ostens

Friedliche Proteste: Anlässlich des siebten Jahrestages der Orangenen Revolution gingen die Menschen in Kiew im vergangenen November auf die Straße. picture alliance

Um 1900 hatte die Stadt etwa 250.000 Einwohner, die Zahl stieg in den nächsten Jahren weiter an. Damals wurde die erste elektrische Trambahn der Welt in Kiew in Betrieb genommen. Nach der Russischen Revolution und der deutschen Besatzung am Ende des Ersten Weltkrieges entstanden hier kurzzeitig ukrainische Nationalstaaten. Ab 1920 war Kiew sowjetisch. Im Jahre 1934 wurde die Stadt anstelle von Charkow zum Regierungssitz der Ukrainischen Sozialistischen Sowjetrepublik. Bevor die deutschen Truppen im Zweiten Weltkrieg hier einfielen, konnte sich der Großteil der 350.000 Juden in Sicherheit bringen. Allein bis 1943 wurden in Kiew dennoch 160.000 sowjetische Kriegsgefangene und Zivilisten ermordet. In der Stadt befand sich bis 1954 ein Kriegsgefangenenlager für deutsche Soldaten.

1986 wurde die Stadt von dem atomaren Super-GAU in Tschernobyl, das nur gut 100 Kilometer entfernt liegt, schwer getroffen. Seit 1991 ist Kiew Hauptstadt der unabhängigen Ukraine. 2004 war die Innenstadt Schauplatz der Proteste gegen die Fälschung der Präsidentschaftswahlen des Landes, die zur Orangenen Revolution führten.

Geographische Lage

Kiew ist nicht nur die Hauptstadt des Landes, sondern auch die größte Stadt der Ukraine. Derzeit leben hier etwa 2.700.000 Einwohner. Kiew liegt am Dnepr, der bis hierhin für kleinere Schiffe befahrbar ist. Das Stadtbild ist von zahlreichen kleinen Hügeln und Kastanienbäumen geprägt. Mit seiner 1834 gegründeten Universität ist die Stadt ein wichtiges Bildungszentrum, insgesamt gibt es hier 99 Hochschulen. Zudem ist die Stadt ein zentraler Verkehrsknotenpunkt der Ukraine. Zahlreiche internationale Eisenbahnverbindungen führen nach Kiew, unter anderem aus Russland, Ungarn, Polen, Deutschland und Österreich. Wegen der vielen Kirchen und Klöster und seiner herausragende Bedeutung für die orthodoxe Religion wird Kiew seit dem Mittelalter als "Jerusalem des Ostens" bezeichnet.

Sehenswürdigkeiten

Die Sophienkathedrale in der ukrainischen Hauptstadt gilt als eine der bedeutendsten Bauwerke der europäisch-christlichen Welt. Zu Beginn des 11. Jahrhunderts wurde mit der Errichtung begonnen, später wurde sie mehrfach zerstört und immer wieder aufgebaut. Sie ist die zweitälteste ostslawische Kathedrale. Seit 1990 gehört die Kathedrale zum UNESCO-Weltkulturerbe.

Der Marienpalast ist ein prunkvoller, barocker Palast in Kiew. Früher hielt sich hier das Kaiserpaar auf, heute ist es die offizielle Residenz des Präsidenten der Ukraine. Er liegt in unmittelbarer Nähe zum ukrainischen Parlament. Größer als die Freiheitsstatue: die Mutter-Heimat-Statue in Kiew übertrifft die amerikanische Konkurrenz. Alleine ihr Sockel ist 40 Meter hoch, die Statue selbst hat eine Größe von 62 Metern. Sie wurde in der Sowjetunion zum Gedenken an den Sieg der Streitkräfte im Großen Vaterländischen Krieg errichtet.

Stadion

Auch die ukrainische Hauptstadt holt die Nationalmannschaften zu sich: Im modernisierten Olympiastadion Kiew finden drei Vorrundenspiele statt. Den Auftakt bildet eine Partie des Gastgebers gegen Schweden. Weiter geht es dann im Viertelfinale, bevor die 65.720 Zuschauer auf der Tribüne am 1. Juli hier gespannt das Finale der EM verfolgen können. Die Bauarbeiten konnten erst im vergangenen November beendet werden. Beim ersten Länderspiel nach der Wiedereröffnung standen sich hier die Ukraine und Deutschland gegenüber. Das Spiel endete mit einem 3:3. In Zukunft werden hier die Partien der ukrainischen Nationalmannschaft ausgetragen, für Pokalspiele darf es auch der FC Dynamo Kiew nutzen.

Sportstadt Kiew

Hier sitzt der bekannteste Fußballverein der Stadt und der Ukraine: der FC Dynamo Kiew, der in der Saison 2008/2009 das UEFA-Cup Halbfinale erreichte. Der Klub Arsenal Kiew spielt ebenfalls in der Ersten Liga, genauso wie der FK Obolon Kiew. Auch der ukrainische Rekordmeister im Eishockey kommt aus der Hauptstadt: Zwölfmal konnte der HK Sokol Kiew die Meisterschaft bisher gewinnen.

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