Champions League

Wagnis Ramos und die Tränen des Chicharito

Erster Real-Sieg im achten Pflichtspiel gegen Atletico

Wagnis Ramos und die Tränen des Chicharito

Gut gebrüllt, Erbschen: Javier "Chicharito" Hernandez schreit seine Freude nach dem goldenen Tor heraus.

Gut gebrüllt, Erbschen: Javier "Chicharito" Hernandez schreit seine Freude nach dem goldenen Tor heraus. Imago

Hernandez' positiver Heulkrampf

Wieder weinte er los, diesmal aber aus Freude: Javier "Chicharito" (die kleine Erbse) Hernandez vergrub sich nach seiner Auswechslung in Minute 90 in der Schulter von Ersatztorwart Keylor Navas und konnte seine Tränen nicht verbergen. Minuten zuvor stand er goldrichtig und schob eine Vorlage von Cristiano Ronaldo zum siegbringenden 1:0 gegen Stadtrivale Atletico in die Maschen - und befreite damit sich und Real von dem Unglück der letzten Monate.

Spielersteckbrief Sergio Ramos
Sergio Ramos

Ramos Garcia Sergio

Spielersteckbrief Chicharito
Chicharito

Hernandez Javier

Real Madrid - Vereinsdaten
Real Madrid

Gründungsdatum

06.03.1902

Vereinsfarben

Weiß-Blau

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Denn der Mexikaner gestand kürzlich ein, ob seiner wenigen Einsatzzeit bei den Madrilenen Tränen vergossen zu haben. "Ja, ich habe geweint", gab der 26-Jährige in einem Interview zu und nannte sein ewiges Reservistendasein "frustrierend". Nun bekam er in Absenz des angeschlagenen Karim Benzema die große Chance und nutzte diese prompt zum goldenen Tor. "Schön und geliebt", ließ die Sportzeitung "Marca" Chicharito auf der Titelseite in großen Lettern in etwas ungewohnter Weise hochleben und nannte ihn den "unerwarteten, großen Helden". Auch Trainer Carlo Ancelotti fühlte sich prompt dazu berufen, den bisher so traurigen Mexikaner entsprechend aufzumuntern: "Wir gratulieren Chicharito. Er hat es verdient, nach allem, was er durchgemacht hat."

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Der Torschütze wollte diesmal weniger über sich und seine Gefühlslage verraten und verfiel lieber in Floskeln: "Das war die Leistung des ganzen Teams, der Fans, meiner Mitspieler", so Hernandez, der aufzeigte, wie tief der Stachel bei den "Blancos" saß: "Es war ein Derby, seit 'La Decima' liefen die Dinge für uns nicht mehr gut." Im achten Spiel schaffte Real nun endlich den ersten Saisonsieg gegen Atletico, gegen die seit dem Gewinn des zehnten Königsklassenpokals in Lissabon nicht mehr gewonnen worden war. Während Chicharito also überwältigende Tränen auf der Bank vergoss, fühlte auch Real selbst eine Befreiung von der ewigen Unterdrückung durch die "Colchoneros". "Fußball gibt dir immer die Chance zur Revanche", gab ein sichtlich stolzer Sergio Ramos zu Protokoll. "Wir haben unsere Qualität und unseren Teamspirit gezeigt", frohlockte Pepe.

Ancelottis Geheimnis: Ramos im Mittelfeld

Die größte Überraschung gegen erneut biedere und arg auf Zerstörung eingestellte "Rojiblancos" war die Besetzung des Mittelfeldes. Ancelotti ließ drei gelernte und teilweise nicht gerade günstige zentrale Mittelfeldspieler auf der Bank - und entschied sich für Ramos als Gestalter sowie Zerstörer vor der Abwehr. Und so sahen Sami Khedira, Asier Illarramendi und Lucas Silva mit an, wie der Innenverteidiger den Taktgeber auf ihrer angestammten Position gab. "Das Geheimnis wurde bis zur letzten Minute gewahrt. Ich wusste seit Sonntag von der Entscheidung (im Mittelfeld zu spielen, Anm. d. Red.)", ließ Ramos hernach wissen. Auch Ancelotti gab zu, sich schon frühzeitig Gedanken gemacht zu haben, ohne aber Zutrauen in sein oben genanntes Mittelfeldtrio zu hegen. "Ich habe es Minuten nach Modrics Verletzung entschieden. Sergio gibt mir Vertrauen", so Ancelotti vielsagend.

Feiernde und gefeierte Protagonisten: Sergio Ramos (li.) und Javier "Chicharito" Hernandez sind nach dem Spiel in aller Munde.

Feiernde und gefeierte Protagonisten: Sergio Ramos (li.) und Javier "Chicharito" Hernandez sind nach dem Spiel in aller Munde. Imago

Schon einmal setzte Reals Trainer auf Ramos in der Zentrale, im Clasico beim FC Barcelona vor etwas mehr als einem Jahr. Damals war die Aktion gründlich schief gegangen, Real verlor 1:2 und Ramos sah alles andere als komfortabel auf der ungewohnten Position aus. Nun ging der Italiener das Wagnis erneut in einer wichtigen Partie ein, diesmal zahlte es sich aus. "Viele haben mich damals dafür umgebracht", wählte Ancelotti martialische Worte und gab zu, dass er auch mit Hinblick auf Standardsituationen einen kopfballstarken Akteur mehr aufbieten wollte. "Er hat die Qualität, um auf dieser Position zu spielen. Er hat sich für das Team geopfert."

Ramos selbst wollte auch nicht viele Worte über sich verlieren, sondern vielmehr über den Abend und das Team selbst: "Es war ein wirklich anstrengendes und intensives Spiel gegen ein Topteam. Madrid hat eine große Leistung gezeigt und mit Qualität und Tempo überzeugt. Es war eine magische Nacht." Ganz besonders für eine kleine, bisher so traurige Erbse aus Mexiko.

atr