Bundesliga

Kühnes Nein bringt den HSV in Not

Sportliche Sorgen der Hamburger verblassen

Kühnes Nein bringt den HSV in Not

Der HSV in Schieflage: Kühnes Absage verschärft die Probleme.

Der HSV in Schieflage: Kühnes Absage verschärft die Probleme. imago

Joe Zinnbauer reist am heutigen Freitag nicht ohne Sorgen mit seinem Tross nach Gelsenkirchen. Pierre-Michel Lasogga ist verletzt, Rafael van der Vaart gesperrt, Valon Behrami (Knie) und Tolgay Arslan (Grippe) zudem angeschlagen. Gemessen an dem, was auf den HSV in finanzieller Hinsicht zurollt, hat es der Trainer mit Lappalien zu tun. Seit Tagen gab es Anzeichen, dass Milliardär Klaus-Michael Kühne keine Anteile an der neu gegründeten AG erwerben will. Seit Donnerstag ist dies amtlich. Und bringt Hamburg in Not.

Insgesamt 25 Millionen hatte der Unternehmer in den vergangenen zweieinhalb Jahren zur Verfügung gestellt, immer mit der Absicht, Anteile zu erwerben, wenn die Ausgliederung gelingt. Nach einer Testierung der KPMG aber verlor er die Lust. Grund: Die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft hatte die HSV-AG mit 330 Millionen Euro bewertet, der 77-Jährige hätte demnach 7,6 Prozent Anteile für seine Summe erhalten – dass ihm dies zu wenig ist, hatte er längst durchblicken lassen. Bis zum Jahresende hätte er eine endgültige Entscheidung fällen müssen, nun teilte er Finanzdirektor Frank Wettstein vorzeitig mit, dass er verzichtet.

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Hamburger SV - Vereinsdaten
Hamburger SV

Gründungsdatum

29.09.1887

Vereinsfarben

Blau-Weiß-Schwarz

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Wettstein steht damit in den kommenden Monaten vor einer Herkulesaufgabe: Er muss dem HSV die Lizenz für die kommende Spielzeit sichern, gleichzeitig aber Darlehen in Millionenhöhe zurückzahlen. Im Sommer 2015 wird die erste Zwei-Millionen-Rate an Kühne fällig, 2016 weitere sechs Millionen und bis 2017 die restlichen 17 Millionen, plus vier Prozent Zinsen. Zahlungen, die kaum zu leisten sind, denn: Das ist längst nicht alles.

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Bis 2019 muss die Fan-Anleihe für den HSV-Campus in Höhe von 17,5 Millionen zurückgezahlt werden. Das Projekt wird zwar nun angegangen, jedoch nur, weil Ex-Aufsichtsrats-Boss Alexander Otto hilft – die Gelder sind längst genutzt worden, um Liquiditätsprobleme der Vergangenheit zu lösen.

Hinzu kommt: Der Gehaltsetat für das laufende Spieljahr (38 Millionen) wurde um rund zehn Millionen überschritten, wie der kicker bereits Ende August berichtete. Zum damaligen Zeitpunkt ein bewusster Gang ins Risiko der Bosse, immer in dem Glauben, dass Kühne einsteige. In dieser Überzeugung wurde auch bereits der erste Kauf des Sommers 2015 perfekt gemacht: Lewis Holtby, aktuell von Tottenham ausgeliehen, kostet dann 6,5 Millionen.

Stadionverkauf als Rettungsanker?

Kühnes Nein ist vor allem auch eine Niederlage für Karl Gernandt, der als rechte Hand des Milliardärs Aufsichtsrats-Chef der AG ist und vollmundig nicht nur Kühne, sondern weitere strategische Partner angekündigt hat. Auswege aus der Misere sind nun rar: Im Hamburger Abendblatt hat Finanzdirektor Wettstein angedeutet, Anteile am HSV womöglich auch unter dem ermittelten Wert zu verkaufen ("Unternehmensbewertungen sind keine Preisschilder"). Auch das bisherige Tabu-Thema, ein Verkauf des Stadions, könnte zum Thema werden. Noch wehren sich die Verantwortlichen dagegen. Im Kampf um die Lizenz 2015/16 droht es angesichts von Verbindlichkeiten über 100 Millionen Euro zum letzten Rettungsanker zu werden.

Sebastian Wolff