Bundesliga

Russ attackiert Eintracht-Idol Grabowski

Frankfurt: Schaafs treffende Analyse

Russ attackiert Eintracht-Idol Grabowski

Genervt: Eintracht-Mittelfeldspieler Marco Russ konnte die Aussagen von Jürgen Grabowski nicht nachvollziehen.

Genervt: Eintracht-Mittelfeldspieler Marco Russ konnte die Aussagen von Jürgen Grabowski nicht nachvollziehen. Getty Images

Aus Frankfurt berichtet Julian Franzke

"Es bringt nichts, wenn so ein Voll-Experte wie Grabowski, der 1920 Fußball gespielt hat, sein Maul aufmacht, und ihr schreibt dann so eine Scheiße", zürnte der Defensivspieler - und schoss damit über das Ziel hinaus. Was war passiert? Der 70-jährige Grabowski, der zwischen 1965 und 1980 in der Bundesliga 441 Spiele für die Eintracht bestritt, zwei Pokalsiege feierte und mit Deutschland zwei große Titel gewann (EM 1972, WM 1974), monierte am Mittwoch in einer Kolumne in der "Bild Frankfurt" die Abwehrschwächen der Eintracht. "Ein Knackpunkt ist das Defensiv-Verhalten. Die Abwehr ist die Schwachstelle. Hinten sind wir offen wie ein Scheunentor. Fast bei jedem Konter der Stuttgarter hat es lichterloh gebrannt!"

Eine etwas salopp formulierte, aber durchaus zutreffende Kritik. Vielleicht fühlte sich Russ aber auch von dieser Aussage angesprochen: "Eintracht braucht dringend einen Chef im Mittelfeld. Ich will mich auf keinen festlegen, aber der Trainer muss einen finden, der die Fäden zieht." In jedem Fall muss Thomas Schaaf schnell eine Lösung finden, wie er der Mannschaft auf dem Platz zu mehr Kompaktheit verhelfen kann. Regelmäßig bietet die Eintracht gerade in den Heimspielen viel zu große Räume an; mit einfachen langen Bällen oder einer schnellen Kombination über zwei, drei Stationen lässt sich die Abwehr zu leicht aushebeln. Das war selbst bei einem Sieg wie gegen Köln (3:2) häufig zu beobachten. Die Analyse von Gladbachs Christoph Kramer am Mikro der ARD sollte nachdenklich stimmen: "Wir haben den Ball laufen lassen, ohne uns wirklich anzustrengen. Die Frankfurter standen sehr hoch, das kam uns entgegen."

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Nun kann man natürlich auch wirkungsvoll verteidigen, wenn man hoch steht und anläuft. Dazu muss man kompakt auftreten, gut verschieben, nah am Mann dran sein und die Passwege clever zustellen. Das fällt der Mannschaft nach dem personellen Aderlass im Sommer und den vielen verletzungsbedingten Ausfällen jedoch noch immer schwer. Hinzu kommt, dass die Eintracht sich im Aufbau zu viele leichte Ballverluste erlaubt, die immer wieder zu brandgefährlichen Gegenangriffen führen. Obendrein ist Frankfurt mit im Schnitt 113,4 absolvierten Kilometern pro Spiel das laufschwächste Team in der Bundesliga.

Aigner ist ratlos, Oczipka selbstkritisch

Die Spieler wirken teilweise etwas ratlos. "Ich kann es selber nicht erklären", sagte Stefan Aigner, als er auf die vielen zugelassenen Chancen angesprochen wurde. Mit einem guten Stellungsspiel und mehreren starken Reaktionen bewahrte Keeper Felix Wiedwald die Eintracht vor einem höheren Rückstand. "Wir sind kollektiv immer einen Schritt zu spät gekommen, konnten nicht richtig zupacken. Vieles war nicht gut. Wir wissen, dass wir es besser machen müssen", konstatierte Bastian Oczipka. Schaaf analysierte treffend: "Das, was wir vorgehabt haben, ihnen keinen Raum zu bieten und sie zu pressen, hat nicht funktioniert. Gladbach hat viele Möglichkeiten gehabt. Vor uns liegt noch viel Arbeit, das war mir schon vorher klar. Aber wir können nicht innerhalb von ein paar Wochen alles gut hinkriegen. Man braucht Geduld, das ist ein längerer Weg. Wir packen alles an, keine Sorge."

Wir sind immer noch zu passiv. Doch das ist nichts Neues.

Eintracht-Trainer Thomas Schaaf

Der Trainer sprach die Probleme seiner Mannschaft ohne Umschweife an und warb dabei um Verständnis. "Das Wichtigste ist erstmal, dass wir in der Defensive in die Zweikämpfe reinkommen, damit wir sie gewinnen können. Gegen Gladbach haben wir es besser, aber immer noch nicht gut gemacht. Man muss den Gegner früh stellen und bekämpfen, aber dazu muss man richtig dran sein und nachsetzen. Wir sind immer noch zu passiv. Doch das ist nichts Neues. Wir haben in den vergangenen Wochen schon viele Sachen gut gemacht, aber wir sind längst noch nicht am Ende und können uns nicht auf irgendetwas ausruhen", erläuterte der Trainer.

Dennoch hatte die Eintracht am Schluss Pech, dass es keine Verlängerung gab. So hätte Schiedsrichter Knut Kircher in der Nachspielzeit auf Elfmeter entscheiden müssen, als Tony Jantschke in Takashi Inui hineinsprang. Stattdessen gab der Referee Freistoß. Die Situation war schwer zu beurteilen, da beide Spieler in hohem Tempo waren und außerhalb des Strafraums zu Boden gingen. Fernsehbilder belegen jedoch, dass das Foul innerhalb des Strafraums stattfand. Schon in den Spielen gegen Augsburg (0:1), Schalke (2:2) und Stuttgart (4:5) waren der Eintracht klare Strafstöße verweigert worden.

Entwarnung bei Seferovic

Ausgerechnet jetzt erwarten die Hessen reihenweise schwere Prüfsteine. Der Spielplan im November mit Partien in Hannover, gegen Bayern München, in Gladbach und gegen Dortmund hat es in sich. Immerhin gab es am Donnerstag Entwarnung bei Haris Seferovic, der gegen Gladbach ausgewechselt werden musste, nachdem er schmerzhaft auf die Schulter gefallen war. Der Schweizer Nationalspieler zog sich lediglich eine Prellung zu. Für die Partie in Hannover ist der Angreifer aber ohnehin gesperrt.