Bundesliga

Bei Sammer stehen die Zeichen auf Verlängerung

Bayern: Guardiola setzt sich für den Sportvorstand ein

Bei Sammer stehen die Zeichen auf Verlängerung

Viel deutet auf eine Fortsetzung seiner Arbeit beim FCB über 2015 hinaus hin: Matthias Sammer.

Viel deutet auf eine Fortsetzung seiner Arbeit beim FCB über 2015 hinaus hin: Matthias Sammer. imago

Es war der 3. Juli 2012. Etwas mehr als sechs Wochen nach dem verlorenen "Finale dahoam" gegen den FC Chelsea, da betrat Matthias Sammer das erste Mal die Allianz-Arena in München. Es war eine Zeit, da hatte man beinahe Mitleid mit dem Klub aus der bayrischen Hauptstadt. Zweiter in der Bundesliga, eine 2:5-Klatsche im Pokalfinale gegen Dortmund und dann dieses Endspiel, das den Verein in seinen Grundfesten erschütterte.

Doch dann kam Sammer. Er sollte dem Klub helfen, sich nach dem Triple in punkto Vizetitel neu aufzustellen. Präsident Uli Hoeneß selbst hatte sich im Mai für eine Ablösung von Christian Nerlinger eingesetzt, der bis dahin als Manager die Geschicke der Bayern mitdirigiert hatte. Über Wochen hinweg hatte Hoeneß dann ohne Einbindung des Vorstandes versucht, Sammer von der Arbeit bei den Bayern zu überzeugen. "Ich habe in die Gespräche mit Sammer meine ganze Überzeugungskraft hineingelegt", erzählte Hoeneß bei dessen Vorstellung.

Die Arbeit von Hoeneß fruchtete und Sammer bat am 2. Juli 2012 beim Deutschen Fußball-Bund (DFB), wo er das Amt des Sportdirektors inne hatte, um seine Freigabe – die er auch bekam. Seitdem ist er bei Bayern "zuständig für den sportlichen Part innerhalb des Vorstandes", wie Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge es beschrieb. "Er beinhaltet die Lizenzspielermannschaft, das Trainerteam, Nachwuchs und das Scouting." Für Rummenigge war 2012 klar: "Er ist das Herzstück des FC Bayern."

Er ist das Herzstück des FC Bayern.

Karl-Heinz Rummenigge 2012 über Matthias Sammer

Als solches hat Sammer – im Lizenzspielerbereich - bislang fast ausschließlich Erfolge vorzuweisen. Mit ihm gelang 2013 der Triple-Erfolg, 2014 folgte das Double, hinzu kamen 2013 die Klubweltmeisterschaft und der europäische Supercup. Sein Einfluss darauf? Nicht wegzudiskutieren, auch wenn es nicht wenige gibt, die so denken wie BVB-Coach Jürgen Klopp, der im März 2014 sagte: "Als Matthias Sammer würde ich jeden Tag Gott danken, dass man ihn dazu geholt hat. Ich glaube nicht, dass Bayern München einen Punkt weniger hätte, wenn Matthias Sammer nicht da wäre."

In der Öffentlichkeit wird gerne über den ewigen Nörgler diskutiert. Sammer polarisiert, legt immer dann den Finger in die Wunde, wenn es keiner hören will. Auch unter den Spielern ist der 47-Jährige umstritten. Viele mögen ihn, haben allein aufgrund seiner sportlichen Vita einen immensen Respekt, andere reagieren genervt. Doch er ist stets da. Sammer schaut sich nach wie vor jedes Training an, jeden Tag. Seinen Blicken entgeht nichts, ein Trainer wie Jupp Heynckes musste sich erst daran gewöhnen. Doch auch er schätzte irgendwann den Fußballexperten an seiner Seite.

Das Hauptproblem: Intern kamen die öffentlichen Äußerungen Sammers nicht immer gut an. Im September 2013 musste sich Sammer deshalb auch von Karl-Heinz Rummenigge deftige und überdeutliche Kritik anhören, weil er nach einem 2:0-Sieg gegen Hannover die Spielern mal wieder wachrütteln wollte, ihnen "Dienst nach Vorschrift" vorwarf.

Nach dem Keulenschlag schien eine Vertragsverlängerung unwahrscheinlich

Rummenigge holte damals zum medialen Keulenschlag aus, wählte ganz bewusst diese Worte: "Ich bewerte die Kritik als Phantomdiskussion. Wir waren noch nie so erfolgreich wie in diesem Jahr. Ich muss offen sagen, ich verstehe die Diskussion jetzt nicht ganz." Rummenigge damals weiter bei Sky vor dem Champions-League-Spiel gegen ZSKA Moskau: "Es gibt zwar den berühmten Satz 'Wehret den Anfängen', aber man kann auch mit solchen Äußerungen mediale Steilpässe abschießen, die dann am Ende des Tages kontraproduktiv sind. Ich bin kein Freund von öffentlicher Kritik. Das ist schön für die Medien, die holen sich den Honig raus, aber der Mannschaft wird das nicht gefallen haben."

Rumms. Das saß. Seitdem war eine gewisse Distanz zwischen beiden Männern unübersehbar. Viele hielten deshalb auch eine Vertragsverlängerung bei Sammer für wenig wahrscheinlich, zumal die Bayern-Verantwortlichen feststellen mussten, dass die Unterstützung Sammers bei langwierigen Aushandlungen von Verträgen ausblieb, weil das nicht Sammers Welt war. Auch deshalb wurde in diesem Sommer ein Transferexperte wie Michael Reschke von Bayer Leverkusen geholt.

Im Nachgang stärkte die Verpflichtung Reschkes aber eher die Position Sammers, als dass sie schwächte. Mit ihm kann sich Sammer nun noch mehr auf die Weiterentwicklung des Profiteams, aber auch des Jugendbereichs konzentrieren. Gerade in der Jugendabteilung gibt es noch viel zu tun. Dort sind die Ergebnisse noch lange nicht befriedigend, auch wenn zuletzt mit Lucas Scholl, Gianluca Gaudino, Julian Green, Emre Can oder Pierre-Emile Höjbjerg einige Talente den Sprung zu den Profis packten.

Matthias Sammer und Pep Guardiola

"Seitdem er hier ist, hat Bayern alles gewonnen": In Pep Guardiola hat Sammer ein prominenten Fürsprecher. imago

Sammer will Strategien festzurren, Spielertransfers allerhöchstens einfädeln, ausarbeiten sollen das andere. Er möchte dem Trainer als kompetenter Fachmann zur Seite stehen und ihn medial entlasten. Er redet gern und viel mit den Spielern, kann dabei Dinge ansprechen, für die der Coach fast nie Zeit hat. Im Juli 2012 sagte Sammer zu seinem Amtsantritt: "Ich werde dem Trainer in keine Tagesarbeit hineinreden oder in Aufstellungen. Ich werde Partner für ihn sein. Er kann sich meiner ganzen Unterstützung bewusst sein. Ich kann viele Dinge rauslesen."

Und so kam es auch. Messbar ist das alles nicht. Doch besonders Pep Guardiola schätzt seinen Mitstreiter und setzte sich nun überraschend vehement für eine Vertragsverlängerung von Matthias Sammer über 2015 hinaus ein. "Wenn er verlängert, wäre das eine super, super Nachricht für uns. Seitdem er hier ist, hat Bayern München alles gewonnen. Er hat mir von Anfang an viel geholfen. Ich freue mich, mit ihm zu arbeiten. Wir verstehen uns nur von den Augen her. Ich hoffe, sie können sich untereinander einigen und seinen Vertrag verlängern", so Guardiola auf der öffentlichen Pressekonferenz am Freitag.

Wenn er verlängert, wäre das eine super, super Nachricht für uns.

Pep Guardiola über Matthias Sammer

Das gute Verhältnis zwischen den beiden dürfte die Chancen einer Vertragsverlängerung nicht gesenkt haben. Und so verwunderte es nicht, dass Karl-Heinz Rummenigge in einem Interview mit der "Hannoverschen Allgemeinen Zeitung" nun positive Signale für eine weitere Zusammenarbeit sendete: "Es gibt da überhaupt keine Problematik. Das mit späten Vertragsverlängerungen hat beim FC Bayern fast schon Tradition. Ich selbst habe mal meinen Vertrag erst zwei Monate vor Ablauf verlängert, obwohl das juristisch gar nicht zulässig war. Der Aufsichtsratsvorsitzende Karl Hopfner und Matthias Sammer haben zeitnah einen Termin vereinbart. Danach wird alles in Ordnung sein", sagte Bayerns Vorstandsvorsitzende.

Damit kann erwartet werden, dass auf der Jahreshauptversammlung am 28. November die Fortführung der Zusammenarbeit verkündet wird. Im Juli 2012 hatte Sammer über sich Folgendes gesagt: "Ich bin ich. Ich liebe dieses Spiel. Man gewinnt aber nicht automatisch, man braucht ein wenig Leidenschaft dafür, man muss sich mit dem Sport beschäftigen." Das tut er fürwahr und wird es wohl auch noch einig wenig länger tun. Viele wird das freuen, viele aber auch nicht. Doch so war Sammer schon immer: An ihm scheiden sich die Geister.

Mounir Zitouni