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Das nächste Ajax-Beben: Kroes ruft Finanzaufsicht an

Erstaunliche Parallelen zum Fall Mislintat

Das nächste Ajax-Beben: Kroes ruft Finanzaufsicht an

Suspendiert: Ajax-CEO Alex Kroes.

Suspendiert: Ajax-CEO Alex Kroes. IMAGO/BSR Agency

Der ehemalige Technische Direktor von Ajax, der offenbar kurz vor einer Rückkehr zu Borussia Dortmund steht, stolperte seinerzeit darüber, dass die Berateragentur AKA Global während der Corona-Pandemie seiner Datenfirma Matchmetrics ein Wandeldarlehen gegeben und sich dieses dann in einen 3-Prozent-Anteil verwandelt hatte. Mislintat selbst hält 35 Prozent der Firma, ein Sachverhalt, den er seinen Ajax-Vorgesetzten sehr wohl mitgeteilt hatte. Parallel zu heftiger Kritik von Ajax-Granden an seiner Kaderzusammenstellung wurden plötzlich WhatsApp-Nachrichten medial durchgestochen, wonach Mislintat den Transfer des Ex-Stuttgarters Borna Sosa ausschließlich mit AKA Global habe vollziehen wollen. Sowohl Sosa als auch Mislintat und AKA-Global-Chef Arthur Beck widersprachen dem.

Dennoch beurlaubte man Mislintat, eine Untersuchung brachte offenkundig nichts Anrüchiges zutage und der Vertrag des 51-Jährigen wurde "zu den vertraglich vereinbarten Bedingungen im beiderseitigen Einvernehmen" aufgelöst - was schwer nach Abfindung klingt, die es bei Fehlverhalten kaum gegeben hätte. Bis heute dagegen unbeantwortet ist die Rolle der Agentur ICM-Stellar, die zeitweise auch ein Mandat für Sosa hielt, in der Sache. Schließlich war es die Veröffentlichung einer WhatsApp an einen leitenden Mitarbeiter dieser Agentur, die den Druck auf Mislintat enorm erhöhte.

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Nun erfuhr auch Kroes laut eigener Darstellung bereits basierend auf Presseanfragen, dass womöglich etwas auf ihn zurollen könnte. "Letzte Woche haben einige Medien Fragen zu den Ajax-Aktien gestellt, die ich besitze. Unter anderem wurde gefragt, ob ich diese als Zeichnungsgeld von Ajax erhalten oder sie selbst gekauft habe. Letzteres ist der Fall. Alle Ajax-Aktien habe ich selbst gekauft", schrieb er an diesem Dienstagvormittag in dem sozialen Netzwerk Linked-In.

Wenige Stunden zuvor hatte Ajax mitgeteilt, dass der neue CEO mit sofortiger Wirkung suspendiert sei und man sich dauerhaft von ihm trennen wolle. Der Vorwurf: Verdacht auf Insiderhandel. "Der Zeitpunkt seines Aktienkaufs deutet auf Insiderhandel hin. Ein solcher Gesetzesverstoß kann von einem börsennotierten Unternehmen nicht geduldet werden, vor allem nicht, wenn es sich um den Vorstandsvorsitzenden handelt", rechtfertige Ajax-Aufsichtsratschef Michael van Praag, einst niederländischer Verbandsboss und im UEFA-Exekutivkomitee tätig, den heftigen Schritt.

Aktien-Kauf im Juli, Ernennung zum CEO im August

Kroes besitzt nach eigener Darstellung 42.500 Ajax-Aktien. Das letzte Paket, insgesamt 17.500 Anteile, will er am 26. Juli 2023 gekauft haben. Eine Woche, ehe er am 2. August 2023 zum neuen Ajax-CEO bestellt wurde. Allerdings musste er bis 15. März 2024 abwarten wegen einer Wettbewerbsklausel in seinem Altvertrag bei AZ Alkmaar, ehe er in Amsterdam loslegen konnte. Gut zwei Wochen später ist das Kapitel Kroes, der die einflussreiche Spielerberatungsagentur SEG mitbegründet hatte und dem Vernehmen nach noch enge Drähte zu ihr pflegen soll, schon wieder zu Ende.

Kroes gibt zu: "Nicht die klügste Entscheidung getroffen"

Der 49-Jährige allerdings wehrt sich: Dem Kontrollgremium des börsennotierten Rekordmeisters sei das Aktienpaket zum Zeitpunkt seiner Ernennung im August 2023 bekannt gewesen. "Nach dem 26. Juli 2023 habe ich, um Missverständnissen vorzubeugen, da ich Zugang zu vertraulichen Informationen habe, keine Ajax-Aktien gekauft oder verkauft", schreibt Kroes und weiter: "Ich habe nie einen Hehl daraus gemacht, dass ich dieses Aktienpaket habe. Tatsächlich habe ich Ajax im August letzten Jahres darauf hingewiesen, dass ich dieses Paket habe und dass ich gerne erfahren würde, wie man damit umgeht, weil ich die spezifischen Regeln noch nicht beherrsche. Diese Frage ist bis heute nicht beantwortet worden."

Auch Mislintat hatte stets betont, dass seine Vorgesetzten im Bilde über seine Beteiligung gewesen seien - insgesamt dennoch keine gute Konstellation. Dies räumt auch Kroes ein: "So sehr ich von meinen guten Absichten überzeugt bin, so sehr verstehe ich jetzt nach Rücksprache mit meinem Anwalt, dass ich am 26. Juli 2023 aufgrund der äußeren Umstände nicht die klügste Entscheidung getroffen habe." Allerdings kündigte Kroes an, den Sachverhalt von der niederländischen Finanzmarktaufsicht AFM klären zu lassen, weil der Ajax-Aufsichtsrat bereits ohne diese Expertise der dafür zuständigen Behörde entschieden habe, dass ihm, also Kroes, der moralische Kompass fehle. Man darf gespannt sein, ob diese Untersuchung wirklich etwas zutage fördert, oder ob sie wie im Fall Mislintat versandet.

Benni Hofmann

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